Bühnentext für 2 Personen, Alternative Dramatik, Dialog
Regieanweisungen: Olga räumt auf, hängt Plakate ab, auf ihrer Stofftasche steht „Save the Planet“, sammelt Flyer vom Boden auf.. Sie wirkt erschöpft, aber aufgeputscht von der Demo. Moritz tritt aus der Bäckerei, wischt Mehl von den Händen, stellt eine Platte mit übriggebliebenen Brötchen („Gratis!“) auf den Tisch. Neonlichter flackern, Techno und Hupen schaffen eine urbane Atmosphäre. Die Szene vibriert vor Kreuzberger Energie.
OLGA: (Blickt zu Passanten, Augenrollen) Die ganze Stadt feiert, während der Planet abkackt. (Schüttelt Kopf, murmelt) Auf der Demo nur 300 Leute, stattdessen hängen alle in Bars. Typisch Berlin.
MORITZ: (Lacht leise, stellt Platte ab) Na, vielleicht haben die Hunger nach Bier, nicht nach Protest. (Zuckt Schultern, wischt Schürze) Kann man ihnen nicht übelnehmen.
OLGA: (Schnaubt, lehnt sich an Tisch) Hunger nach Bier? Alter, die Welt brennt, und du redest von Bier? (Spöttisch) Was bist du, von der „alles bleibt, wie’s ist“-Fraktion?
MORITZ: (Grinst zynisch) Nee, aber ich seh, wie’s läuft. (Pause) Planet brennt, klar. Aber was bringen deine Plakate? (Deutet auf Tasche) Schreien ändert nix, wenn keiner zuhört.
OLGA: (Augen funkeln) Nix ändern? Wir kämpfen für Klimaschutz, für eine Zukunft! Ohne uns wär’s noch schlimmer. (Sarkastisch) Und du? Backst Brötchen und denkst, das reicht?
MORITZ: (Ruhig, lehnt sich vor) Brötchen backen bezahlt meine Miete. Deine Demos? Die kosten mich Nerven, wenn ich nachts nicht schlafen kann. (Pause, ernster) Und ehrlich? Ich seh mehr Probleme auf der Straße als in der CO₂-Bilanz.
OLGA: (Augenrollen, nippt an Wasserflasche) Oh, jetzt kommt’s. „Probleme auf der Straße“. (Zynisch) Lass mich raten: Messerstecher, oder? Klingt nach AfD-Propaganda.
MORITZ: (Schnaubt, lacht bitter) Klar, sofort die Nazi-Keule. (Schüttelt Kopf, Mehl von Händen klopfend) Ich bin kein Rechter, okay? Aber ich lauf nachts durch Kreuzberg, und meine Schwester traut sich kaum noch raus. Letzte Woche wurde ihr Handy geklaut, mitten am Kotti, von ’nem Typen, der sie angespuckt hat. (Pause) Und die ARD? Sagt mir, ich soll’s ignorieren, weil’s „Einzelfälle“ sind. (Spöttisch) Danke, Tagesschau.
OLGA: (Zögert, leiser) Okay, deine Schwester… das klingt scheiße. Aber du kannst nicht jeden Migranten dafür verantwortlich machen. Das ist, was die AfD will – Angst, Spaltung. (Pause, scharf) Willst du echt die wählen?
MORITZ: (Blickt weg, nippt an Wasser) Weiß nicht. Vielleicht. (Pause) Nicht, weil ich Nazis mag, verdammt. Sondern weil keiner sonst zuhört. (Direkt) Letztes Jahr, ich hab auf ’nem Markt mit Kollegen über Sicherheit geredet. Nichts Wildes, nur, dass wir uns Sorgen machen. Kommt so ’n Reporter von RBB, fragt, was wir denken. Ich sag: „Man fühlt sich nicht mehr sicher.“ Am Abend? Bin ich im Beitrag der „rechte Pöbel“, der „Angst schürt“. (Lacht bitter) Ich bin 19, ich back Brötchen, und plötzlich bin ich das Böse. Wie soll ich mich da fühlen?
OLGA: (Augen weiten sich, zynisch) Die AfD? Die sind rechtsextrem! Die wollen Frauen an den Herd, Ausländer raus. (Pause, leiser) Bist du echt so einer?
MORITZ: (Genervt, Hände hoch) So einer? Siehst du, das ist das Problem! Du denkst sofort, ich bin ’n Nazi. (Pause) Letzte Woche, meine Chefin kriegt ’nen Brief von der Stadt: Neue Auflagen, höhere Kosten. Wir können kaum die Miete zahlen. Die Politiker? Reden von Klimazielen 2050, während unsere Bäckerei pleitegeht. Die ARD? Macht Dokus über „rechte Hetze“, wenn ich sag, dass ich Angst um meinen Job hab. (Leiser) Und die AfD? Die sagt: „Wir sehn’s auch. Du bist nicht allein.“ (Schüttelt Kopf) Ich will keine Nazis, Olga. Ich will, dass jemand meine Sorgen ernst nimmt.
OLGA: (Seufzt, lehnt sich zurück) Okay, Moment… (Pause) Vielleicht hab ich dich zu schnell verurteilt. (Zögert) Aber die AfD nutzt deine Angst aus. Die wollen keine Lösungen, die wollen Chaos. (Leiser) Weißt du, wie oft ich „Öko-Tussi“ oder „Klimahysterie“ höre? Ich fühl mich auch missverstanden.
MORITZ: (Nicken, leiser) Ja, das kenn ich. (Pause) Neulich, ich hab ’nen Kumpel auf ’ner Demo gesehen – nicht deine, ’ne andere. Er hat nur ’n Transpi gehalten, irgendwas zur Kriminalität. Am nächsten Tag? Sein Chef kriegt ’nen anonymen Brief: „Feuern Sie den Nazi.“ Der Typ ist jetzt arbeitslos. (Blickt zu Olga) Sag mir, wie ich da nicht sauer sein soll. Die AfD wird doch erst so stark, weil ihr uns alle als Monster abstempelt.
OLGA: (Schaut auf Plakate, nachdenklich) Das… klingt krass. (Pause) Ich lieg nachts wach, weil ich denk, die Welt geht unter, wenn wir nix tun. Aber… deine Schwester, dein Job. Das ist auch die Hölle. (Sanfter) Wie hältst du das aus?
MORITZ: (Blickt weg, wischt Hände an Schürze) Gar nicht. (Pause) Aber deine Klimasache… (schüttelt Kopf) Mir ist ja auch klar dass die Erde unter der Ignoranz der Menschen ächzt. Ich glaub halt dass diese ganze Hysterie nichts bring und hoffe auf technologische Lösungen. Mir ist auch klar, dass Du für die richtige Sache eintrittst und vielleicht komme ich sogar mal auf eine Deiner Demos. Aber bitte ohne „Nazi“-Gebrüll, okay?
OLGA: (Lacht zynisch) Du? Auf meiner Demo? (Zögert, sanfter) (Pause) Ja das wäre eigentlich schöm. (Pause) Vielleicht… sollte ich ab und zu mal zuhören, statt gleich die Leute abzustempeln. (Pause) Aber die AfD, Moritz… die sind nicht die Antwort. Die machen’s schlimmer.
MORITZ: (Zuckt Schultern, lacht leise) Vielleicht. Aber irgendwer muss zuhören. (Pause) Die ARD tut’s nicht, die Grünen nicht. Also… wer dann? (Blickt zu Olga) Hast du ’nen besseren Plan?
OLGA: (Schweigt, blickt auf Tasche, dann zu Moritz) Keinen Plan. (Pause, leise) Aber vielleicht fangen wir hier an. Reden. Ohne uns fertigzumachen.
MORITZ: (Grinst schief) Deal. (Hält Brötchen hoch) Erstmal ’n Brötchen, gratis. Hunger?
OLGA: (Lacht, nimmt Brötchen) Na gut. (Pause, ernst) Aber wir reden weiter, ja?
MORITZ: (Nicken) Klar. (Zwinkert) Solang du mich nicht mehr Nazi nennst.
Regieanweisungen: Lichter dimmen, Olga und Moritz bleiben am Tisch, teilen das Brötchen. Stadtgeräusche (Techno, Hupen) verblassen, ein Martinshorn schwillt an. Vorhang fällt.
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