Zurück in Berlin

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Es ist wieder Zeit einen Blogpost zu schreiben. Der Vollständigkeit halber. 6000 Kilometer und knapp 4 Wochen später, viele Erfahrungen (Danke Uwe!) reicher und vor allem ne ganze Schippe gelassener wieder in der Hauptstadt – also los:

In Portugal sind die Leute auch zu 80% Gehirn-gewaschen. Macht aber nix, denn dort ist Land billig und man wird dort eher in Ruhe gelassen. Man kann also mit Gleichgesinnten eine Parallelwelt kreieren und muss nicht ständig in Angst leben, dass die Bullen aufkreuzen und ein Hygienekonzept verlangen, weil Du kacken warst. Man kann dort übrigens auch ins Gebüsch pinkeln, ohne dass Blaulicht einen dezent zur Räson bringt – Danke an die Uniformierten auf dem Rastplatz in NRW, das war ein gelungener Einstand in Deutschland, da weiss man wieder, wo man ist, hier herrscht Zucht und Orrrrrdnung!

Ein Wort zu Portugal: ich habe sie am Ende tatsächlich gefunden, die ultimative Feier. Corona war dort – an diesem speziellen Ort, der sich uns zeigte, weil die richtigen Menschen uns einluden – kein Thema. Es war wie ein nach Hause kommen, das Betreten der alten Welt, die Gewissheit, dass es diese Welt immer geben wird. Offenheit, Freude und Bewusstsein. Pandemie am Arsch.

Was soll ich sagen – es ist ja alles gesagt, was zu sagen ist. Was aber nichts daran ändert, dass die Dinge vor unseren Augen ablaufen. Jetzt also auch in Supermärkten draussen bleiben, was in meiner Kindheit für Hunde galt, gilt jetzt für die Menschen der falschen Kategorie. Schämen dürfen sich an dieser Stelle alle Mitbürgerinnen und Mitbürger, die da nix dagegen einzuwenden haben. Ganz besonders die aus der eigenen Familie machen mir ein flaues Gefühl in der Magengegend. Da hilft kein lamentieren – sie werden sich nicht schämen, denn sie sind nicht in der Lage ihre Mittäterschaft zu begreifen.

Und da ich mich über Blödheit nicht mehr aufrege, ist eigentlich (fast) alles gesagt. Naja, nicht ganz:

Mein Kumpel Ouahid, seines Zeichens Marokkaner, rief mich neulich an, damit ich ihm aus einer misslichen Lage helfe: bei einer Busfahrt in Marokko hatte er sich bei einer Zigarettenpause erdreistet keine Maske zu tragen. Die plötzlich auftauchenden Polizisten stellten seine Personalien fest, nun bekam er Post: wenn er den vom „Tribunal“ in Tanger festgesetzten Geldbetrag nicht binnen der Frist zahlt, droht ihm die „Liste“. Wer auf dieser Fahndungsliste steht, auf den ist die Jagd eröffnet. Er wird dann offiziell gesucht und bei Ergreifung eingebuchtet – kein Spass in Marokko. Ich finde man erkennt an dieser kleinen Anekdote ganz gut den Irrsinn, der durch die verquere Drangsalierungspolitik in allen Teilen der Welt gerade groteske und ganz real bedrohliche Züge annimmt.

Ouahid würde sich übrigens über EU-Citizenship freuen, also Mädels, wer Lust hat auf heiraten, er ist ne ziemlich solide Partie, würde ich mal behaupten. Wer hier einen Dienst an der Menschheit tun will, kann sich gern bei mir melden.

Ouahid mit mir, bevor der Wahnsinn los ging

Was noch?

Kleinigkeiten. Das Ersetzen von Werten (Gleichheit, kennt noch einer das Wort?) durch Wirtschaftlichkeit. O-Ton die Betreiberin von „Fatmo & Luisöö“ (Name geändert), einem echt netten Frühstückscafe, auf meine Frage, warum jetzt 2G bei ihr sei: „Das ist eine wirtschaftliche Entscheidung“. Na klar. Dann passt das schon. Ein bisschen Ausgrenzung, wer wird da ausfallend werden.

Ja, man fragt sich das doch sehr dieser Tage: wer denkt sich diese perfiden Manöver aus? Sind wir doch mal ehrlich: diese Ideen sind das 1mal1 angewandter Psychologie: wenn ich die Leute dazu bringen möchte, etwas zu tun, dass sie nie tun würden (Kunden, äh, Menschen ausgrenzen zum Beispiel), dann macht man das heutzutage nicht per Verordnung, sondern man lässt sie das „freiwillig“ entscheiden. Schlau. Die Freiwilligkeit ist natürlich dann nur noch eine Worthülse, wenn sie bedeutet, dass bei einer von zwei möglichen Entscheidungen die Wirtschaftlichkeit des jeweiligen Gastronomen komplett zerfickt wird. Zwei mal sei das Ordnungsamt schon bei ihr gewesen, eine saftige Geldstrafe habe sie zahlen müssen bei 3G, weil Auflagen angeblich nicht optimal umgesetzt wurden – das könne sie sich nicht mehr leisten.

Trauriger Side-Fact: ich hatte mit ihr noch im März über den anhaltenden Wahnsinn philosphiert. Sie sieht und begreift komplett, was abgeht. Die Apartheid, also die Ungleichbehandlung inmitten unserer mittelalterlichen Gesellschaft. Und entscheidet sich jetzt, aufgrund des existenziellen, systemischen Drucks von oben, für das diskriminierende „2G“ – übrigens an sich schon eine verharmlosende (und von Kommunikationsprofis erfundene) Bezeichnung, denn hinter dem, was nach Mobilfunknetz klingt, verbirgt sich Ausgrenzung, Diskriminierung und Entmenschlichung.

Mittäterschaft im totalitären Konformismus – 2021 wie damals: soziale Ächtung und wirtschaftiche Sanktionen machen es möglich

Wer denkt sich diese Methoden aus? Die Bundestagsabgeordneten? Ich glaube das in der Mehrzahl nicht. Wir wissen inzwischen sehr gut, dass diese Gesetzesentwürfe „eingebracht“ werden, sie werden von langer Hand geplant und dann aus dem Hut gezaubert – das Gros der Abgeordneten hat nicht mal genügend Zeit, diese Dinge durchzulesen. Bestimmte Abgeordnete aus der Regierungskoalition stecken mit Hintermännern unter einer Decke und reichen die Entwürfe ein, die ganz woanders (und für alle Länder gleich) konzipiert wurden, um die Gesetzgebung der Länder in eine bestimmte (Freiheit zersetzende) Richtung zu lenken.

Ach ja und schmunzeln muss ich in den letzten Tagen über die Sprüche an den Wänden. hier in Neukölln/Kreuzberg. Sprüche gegen Kapitalismus und so. „Keinen Millimeter weichen wir zurück“, gegen Verdrängung und, dass man „Bullen verhauen“ wolle und so. Ach ja. Mir tun die aufrichtig leid, die an den Rand gedrängten. Aber wenn sie dann ihre Masken anziehen und sich die Hände in Unschuld desinfizieren, denke ich bei mir: was soll das werden? In dieser Gesellschaft kehrt jeder nur vor seiner eigenen Tür. Und die, die da was gegen haben, werden seit fast 2 Jahren marginalisiert und entmenschlicht. Blökt ihr mal schön weiter Eure hohlen Phrasen, während das Kapital unsere Gesellschaft zersetzt. Berlin ist längst ausverkauft, ein totes Pferd. Ein Bauwagenplatz nach dem anderen wird von Gepanzerten per „angemessener“ Gewalt von nicht zahlungskräftigem Publikum „gesäubert“, das ist das, was bereits seit Jahren auf Hochtouren läuft.

Lichtblick: Juli Zeh’s „Über Menschen“ – was für eine Begabung und was für einen Mut diese Frau hat. Lesen, verschenken, weitersagen. Der beste Roman, der diesem Gott verlassenen Land passieren konnte.

Peace out.


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