„Er trainiert seit 200 Jahren“

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Die Entwicklung künstlicher Intelligenz hatte in den letzten Jahren mehrere entscheidende Durchbrüche. Das Besiegen menschlicher Profis in den komplexesten kompetitiven Anwendungen zeigt den rasanten Fortschritt.

Ganz so viel Zeit (200Jahre) habe ich zwar nicht in das Game investiert – ich bin ja erst 38 -, aber mal abgesehen von vielleicht „Magic the Gathering“, das ich heute noch ab und zu spiele, habe ich in Starcraft und (später) seinen Sukszessor Starcraft 2 fast jede freie Minute gesteckt damals während der Oberstufe, und damit mehr Zeit in das Echtzeit-Strategiespiel investiert als in jedes andere Game.

Gegen den „Computergegner“, also die „KI“ von damals, um 1998, hatte ich auch viele Male das Vergnügen und bereits damals musste man (zumindest als Anfänger) durchaus aufpassen, nicht vom Gegner „überrannt“ zu werden, da sein Aufbau stets stoisch korrekt und die Produktion immer konstant war. Hatte man aber einmal den Kniff raus, war es ein Leichtes, die künstliche Instanz zu besiegen, insofern man konzentriert performte. Ihr Spiel war vorhersehbar und daher leicht zu durchschauen. Diese Angriffsfläche bietet Alphastar, die neueste KI Entwicklung aus dem Londoner Haus Deepmind, natürlich nicht.

Der heutige KI Gegner ist da schon ein anderes Kaliber, um nicht zu sagen, der Beginn einer ganz neuen Ära. Ich hatte ja neulich über den Sieg von Deepminds KI gegen Asiens Go Großmeister berichtet. Inzwischen – oder besser gesagt seit 2019 – ist die KI einen Schritt weiter.

Die komplexen Anwendungen beherrscht sie inzwischen so gut, dass Menschen dagegen eher chancenlos sind. Die hier gezeigten Spiele gewinnt die KI jeweils sehr klar – Kenner des Spiels erkennen die deutliche Überlegenheit nicht nur am Ergebnis, das (im offiziellen Teil) 10:0 ausfällt. Ein bisschen lustig ist daher die Selbstüberschätzung des Spielers TLO nach seiner Niederlage, der tatsächlich glaubt, den Agenten schlagen zu können, „wenn er noch ne Woche übt“. Möglicherweise hat er da etwas Grundlegendes nicht verstanden. Denn inzwischen platziert sich die KI mühelos ganz oben in den Online Ranglisten der SC 2 Server – in allen Rassen übertrumpft sie 99,8 aller Spieler.

Die Entwickler haben ihre Ergebnisse bei nature.com veröffentlicht, heise.de schreibt dazu:

An dem Experiment unbeteiligte Forscher sprechen von einem neuen Meilenstein in der KI-Forschung. „Es ist faszinierend, dass ein KI-System ein so komplexes Echtzeit-Strategiespiel wie StarCraft 2 auf einem so hohen Niveau spielen kann“, erklärte Kristian Kersting, Leiter des Fachgebiets Maschinelles Lernen an der TU Darmstadt. Wie schon AlphaGo, CrazyAra und viele andere Systeme zeige AlphaStar, dass eine hybride KI „Inselbegabungen sehr gut erlernen“ könne. Die Studie sei methodisch auch sehr gut aufgebaut und durchgeführt.

heise.de

An anderer Stelle schreibt bzw zitiert heise.de blanken Unsinn, wenn es heisst:

„Die Gesamtstrategie der KI scheint vorausgeplant zu sein, mit wenig Anpassung an den Gegner. , erläutert er. [Jan Peters, TU Darmstadt] Ein Spitzenspieler habe bemerkt, dass das System nicht „scouted”, also keine „Einheiten schickte, um Informationen über den Gegner zu sammeln“

heise.de

Diese Informationen sind schlicht falsch, da die KI immer wieder extrem schlau scoutet und Informationsbeschaffung gerade eine ihrer Stärken darstellt.

Man erfährt in dem Videobeitrag kaum Details der KI Entwicklung, da diese streng geheim ist. Grundsätzlich gebe es aber nicht „die eine KI“, sondern immer mehrere KI Agenten, die man antreten lasse. Interessant ist die Stelle, als ein Entwickler davon spricht, die besten KI Agenten hätten sozusagen schon etwa 200 Jahre trainiert – was nur möglich sei, weil das Programm den Lernprozess (Spiele gegen sich selbst bzw andere Agenten) auf Schnelldurchlauf stellen könnte. Das war wohlgemerkt 2019. Inzwischen, 2 Jahre später, dürfte Alphastar wohl Zehntausende Jahre oder gar Hunderttausende Jahre Starcraft trainiert haben.

Im letzten „Exhibition“ Game musste ich – als alter Starcraft Fanboy – aber nochmal breit grinsen. Liquid_Mana schafft es mit einer Makro-orientierten Strategie, einem schönen Exploit, optimaler Unit Composition, unerbittlichem Angreifen und genialem Timing eine „noch wenig getestete Agenten-Version“ zu schlagen. Good Game – das hat Spaß gemacht zu sehen – auch wenn ich leider glaube, dass das kaum noch vorkommen durfte in der Zukunft.

Anzumerken ist, dass die KI offenbar schlechte Manieren hat, denn statt zu gegebenem Zeitpunkt mit einem „GG“ (=good game) das Spiel zu verlassen, verharrt sie bis zum bitteren Ende.

Es gibt inzwischen ein Laddersystem für AI, auf welchem sich die Agenten untereinander herausfordern, es ist unten verlinkt.

Eine Grafik, die Alphastars Prozesse veranschaulichen soll

Weiterführende Links

https://www.nature.com/articles/s41586-019-1724-z

https://sc2ai.net/

https://www.heise.de/newsticker/meldung/Starcraft-2-Verbesserte-DeepMind-KI-schlaegt-99-8-der-menschlichen-Spieler-4572734.html


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