Bilderstürmer Lauterbach

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Der Berliner Graffiti Künstler KAME meldet sich zu Wort. Zuvor hatte das SPD Rumpelstilzchen Karl Lauterbach dazu per Twitter dazu aufgerufen, dessen (legale!) Kunst zu zerstören, was dann leider auch passierte. Das nennt man Hetze, Herr Lauterbach! Die Worte des Künstlers haben Format und zeigen, wie sich der Wind in den letzten Wochen gesellschaftlich gedreht hat. Die Kunst scheint immer mehr zu erwachen auf Seiten des Widerstandes. Wir sind viele, wir sind bunt – Viel Spass beim lesen!

Das gesamte Interview führten Sarah Paulus und Rolf G. Wackenberg  und erschien zuerst auf reitschuster.de

KAME, Könntest du dich bitte kurz für diejenigen vorstellen, die dich noch nicht kennen. 

Ich zeichne, male, sprühe, schreibe. Ich schätze sowohl das traditionelle Graffiti Style Writing nach amerikanischem Vorbild als auch das Wandbild, das über originellen Style und Handschrift hinaus ein Statement vermittelt. Lebte und lebe an sehr unterschiedlichen Orten, habe Freunde und Bekannte aus diversen Kulturen, Leute sehr verschiedener politischer Haltungen und religiöser Ausrichtung. Ich gehöre keiner Szene an, verorte mich selbst im politisch linken Spektrum. 

Handelt es sich um ein legales Graffiti?

Ja. Was Karl Lauterbachs Aufforderung zur Kunstzerstörung zusätzlich äußerst pikant macht.

Warum Karl Lauterbach?  

Es betrifft sicherlich auch andere. Herr Lauterbach schrie einfach sehr schrill und laut danach. Er wünscht sich ja das Testen so sehr. Um seinen Wünschen nachzukommen, unternahm ich eine Testung flächendeckend und nicht an jemandem, der asymptomatisch ist. Unter dem Bild ist explizit die Rede von „Unlauterbach“. Einige Kommentare bestreiten die Ähnlichkeit von Portraitiertem und Motiv. Er fühlte sich trotz allem angesprochen, twittert sogar von „seinem Bild“. Well, if the shoe fits.

Der SPD-Politiker konnotiert dich mit Begriffen wie Hetzer, Querdenker und radikalisiert. Wie kommt er dazu? 

Oft sprechen wir ja von uns selbst, wenn wir uns echauffieren. Als Querdenker wurde Lauterbach selbst bereits widerspruchslos bezeichnet…im Jahr 2007 im Online Magazin Telepolis. Aus irgendeinem Grund scheint ihm sein eigener Test nicht genehm, der an Milliarden anderer hingegen schon. Gut, ich gelobe Besserung in Sachen Ähnlichkeit und werde Herrn Lauterbach den Fortschritt als sein „Bildnis des Karl Lauterbach“ künftig immer wieder neu präsentieren.


Und nun zur Verhältnismäßigkeit des öffentlichen Aufrufs zur „Zerstörung“ von Kunst durch einen Bundestagsabgeordneten, sogenannten Gesundheitsexperten und Corona-Propheten. Wenn es nach unseren überaus toleranten und weltoffenen, westlichen, politischen Führern geht, können und sollen sie als Künstler den Propheten Mohammed karikieren dürfen. Politiker gingen für das Recht dazu selbst auf die Straße. Karikatur dürfe das. Ein radikales Freiheitsverständnis.

Wirklich? Sollte diese Auffassung dann nicht auch für den Talkshowling Karl Lauterbach gelten? Oder doch lieber nicht? Gilt hier nun ein Karikatur- oder Bilderverbot für den „Corona-Propheten“, wie ihn jüngst Peter Körte in der FAZ bezeichnete? 

Die Führung dieses Landes hat an Erdung verloren. Sie hat sich selbst und andere eingeseift. Lebt nun in einer solchen Seifenblase. Sie schaut sich an, wie YouTube Beiträge von Wissenschaftlern und Professoren löscht, die Ungewünschtes äußern, wie diese persönlich angegriffen und diskreditiert werden. Wie Kritiker strafversetzt werden. Das ist ein Angriff auf Meinungsfreiheit und die Freiheit von Lehre und Wissenschaft, für die sich westliche Demokratien gerne selbst auf die Schulter klopfen. Parallel müssen wir zusehen, wie Leitmedien den Chef des Netzwerks evidenzbasierter Medizin als Verschwörungstheoretiker labeln.

Viele Kommentare loben ausdrücklich deine künstlerische Leistung. Der Portraitierte ruft zur Zerstörung des Kunstwerks auf. Hat sich Karl Lauterbach damit eventuell strafbar gemacht?

Ja. Chefprophet, Richter und Kunstkritiker Karl Lauterbach hat sich juristisch gesehen strafbar gemacht, da das Werk legal entstanden ist. Auch blieb die Urhebernennung aus.

Was sagt das über ihn aus?

Historisch gesehen ist überhaupt die Wut auf ein Bildnis, Bildfeindlichkeit und Furcht, insbesondere die Ikonoklastik durchaus interessant. Karl Lauterbachs dünnhäutige Reaktion geht hier weit über Franz Joseph Strauß hinaus, der versucht hat, Karikaturisten zu verklagen. Erfolglos. Man ahnt, in welche Phase deutscher Geschichte hier jemand abrutscht…und jene, die ihm in dieser Sache das Wort reden. Willy Brandt würde sich wohl im Grabe rumdrehen.

Das neue KAME-Bild ‘Return of the fly‘ als Antwort auf den Tweet

Für andere Viren als Ignoranz gibt es kaum verlässliche Tests. Allein auf einen Liter Meerwasser kommen nach mir bekannter wissenschaftlicher Auffassung 10 Milliarden Viren. Einen einzigen haben wir nicht einmal verstanden, wie die letzten Monate eindrucksvoll unter Beweis stellen. Ist das nicht der Wink mit dem Zaunpfahl, ein wenig zur Demut gegenüber unserer Natur zurückzukehren, die wir nun seit geraumer Zeit martern, beschränken und bekämpfen? Und nun schwingen wir uns sogar auf, Teile von ihr ausrotten zu wollen. 

Was soll die Konsequenz daraus sein, die eigene Winzigkeit angesichts der viel mächtigeren Natur nicht anzuerkennen und zu verdrängen? Zu meinen, das scheinbar noch Winzigere als den Menschen, den „Virus“ „ausrotten“ zu können, zu müssen? Was für ein Verständnis, welche Hybris liegt dem zugrunde?

Sollen wir nun beispielsweise das Meerwasser, was voller Viren ist, ewiglich meiden? Unsere Reise zum nächsten potentiellen Aufenthaltsort von einem von 10 hoch 17 Viren abhängig machen? Provisorisch nur noch in Gesichtslappen atmen? Uns an apokalyptischen Konjunktiven und wilden Prognosen ausrichten? Kaum traut man sich noch, derartige Anregungen zu äußern, da Ironie nicht mehr begriffen wird. Eher wird Unsinniges gerechtfertigt und gesetzlich zementiert. Doch der Zement bröckelt. 

Artist KAME

Man muss schon so begrenzt wie ein Herr Drosten sein, wenn einem nicht auffällt, was Grundschüler und kleine Kinder intuitiv begreifen: Das Leben selbst ist Risiko. Egal wie viele Helme man sich aufsetzt, wie viele Masken man trägt. Sie schützen dich (potentiell) vor einer Gefahr. Aus dem mutmaßlichen Schutz erwachsen aber neue Gefahren an anderer Stelle. Ein Immunsystem, was man unterfordert, geht kaputt. Kinder essen vom Boden, Sand, Dreck. Hat auch mich nicht umgebracht.

Erst wenn man sich bedroht fühlt und für andere etwas riskiert, zeigt sich Charakter. „Jeder für sich“ soll momentan das neue Sozial sein, die neue Solidarität. Das Leben als Ringelpiez ohne Anfassen inklusive Internierung Andersdenkender, „Maskenverweigerer“. Der Mitmensch als potentielle Virenschleuder und Gefahrenquelle. Das unmaskierte Kind als potentieller Großmuttermörder. Der Stubenhocker hingegen sei ein Held, sagt das Ministerium für Wahrheit – dann muss es ja stimmen. Eins und eins ist schließlich drei, wenn die Partei es sagt. Demaskierend.

Was hat dich zu diesem Thema gebracht, was möchtest du mit deinem Bild sagen? 

Bilder sprechen anders, funktionieren anders als Sprache. Sie zu erläutern ist wie einen Witz zu zerstören. Den Gefallen tu ich Herrn Lauterbach nun trotz seiner freundlichen Aufforderung nicht.

Nette Dinge wie Lobbyismus, Dauermobilisierung und Manipulation sind Thema meiner künstlerischen Arbeit. Bei bewaffneten Konflikten ist die Rede vom militärisch-industriellen Komplex, den gerade eine aufgeweckte linke Politik sehr wohl als solchen zu erkennen imstande ist. Warum hingegen im „Krieg gegen den Virus“ der medizinisch-industrielle Komplex derart ignoriert wird, möchte ich hier nicht erörtern. Es ist fatal, dass das urlinke Thema der Lobbyismuskritik von der Linken so weit rechts liegen gelassen wird, dass die Rechte es mühelos einsammeln und damit punkten kann. Dass die Kritik an den aktuellen staatlichen „Maßnahmen“ anschließend als „rechts“ abqualifiziert wird, ist der nächste Schritt der allgemeinen Verwirrung.

Herrn Lauterbach nenne ich gern Triple L … Lobby Leugner Lauterbach. Er propagiert das Bild einer unabhängigen Wissenschaft, die den Höhepunkt unserer Evolution darstellt, die zu allgemeingültigen Wahrheiten durch unabhängige und einwandfreie Studien gelange. Statt einem holistischen Blick beruft er sich dabei auf einige wenige Hofvirologen. Diese Kritik geht natürlich ebenso an Merkel, Söder und Co. 

Die Naivität und Passivität, mit der dieses Zerrbild der Realität für bare Münze genommen wird, hängt mit der Angst in der Bevölkerung zusammen. Und dem Wunsch, in der Wissenschaft und Politik Rettung und Schutz vor den eigenen zuvor medial und politisch forcierten Todesängsten zu finden. Der Angstmacher höchstselbst als Retter. Der brillante Zeichner Tomi Ungerer hat diesen Zusammenhang einmal in dem glänzenden Cartoon „Zerstörerischer Generalstiefel“ von 1964 auf den Punkt gebracht.

Wissenschaftliche Studien werden oftmals von der pharmazeutischen Industrie finanziert. Deren Vertreter in den Leitmedien als unabhängige Experten präsentiert, ohne dass sie ihren Interessenkonflikt offenlegen müssten. Ihre Aussagen werden dann in verschiedenen Medien wie ein Evangelium gepredigt und billiardenfach wiederholt. So funktioniert Gehirnwäsche. Der Heilsbringer „Impfstoff“ als große Rettung und finale Lösung angepriesen. Das Ganze hat deutliche Züge einer Ersatzreligion. Kunstzerstörung, Sippenhaft, Ausgrenzung und Ächtung Ungläubiger und Zweifler („Leugner“!). Dazu die Angst vorm Unsichtbaren, die physische Verhüllung in der Öffentlichkeit. Der neue VW-Skandal: Der VirenWahn-Komplex.

Ist die massive Einflussnahme einiger weniger, sehr Mächtiger auf demokratische Prozesse, die sehr viele betreffen, eine Verschwörungstheorie? Nein. Sie ist ein für manche Saubermänner unbequemes Faktum. Auch daher das Framing der Kritiker. Teile der Wissenschaft, Politik und Medien stehen vor einer gewaltigen Glaubwürdigkeitskrise. Fehler nun einzugestehen und eine Kehrtwende einzuleiten, scheint den sehr vielen Beteiligten extrem schwerzufallen.

Die Spritzen in meinem Bild könnten unterschiedlichste Substanzen enthalten, das halte ich offen. Für einen (erfolgreichen) Impfstoff übernehme ich keine Garantie, so wenig wie es die Bundesrepublik, Pfizer oder BioNTech tun. „Impfnadeln“ sehen dort nur jene, die zwischen beobachten, mutmaßen und interpretieren nicht (mehr) unterscheiden können. Triple L zählt wohl ebenso zu dieser Gruppe.

Macron schrie zu Beginn der sogenannten pandemischen Notlage: „Wir sind im Krieg“. Das stimmt. Ein Krieg gegen die Vernunft. Ein Krieg gegen Grundrechte. Ein Krieg gegen den Menschen, der Nähe braucht, sich bewegen muss. Ein Krieg gegen Menschen, die durch Lockdowns und Angstszenarios in den wirtschaftlichen Ruin, Isolation, den Drogenkonsum, die Psychiatrie oder im schlimmsten Fall sogar in den Selbstmord getrieben werden. Ein Krieg gegen Berufszweige, die damit vernichtet werden, ein Krieg gegen sehr viele, die jetzt den daraus entstehenden Schaden noch gar nicht abschätzen können, während wenige jedoch gerade im Zuge dieser menschengemachten Krise immer reicher werden. 

Das erste Opfer des Krieges ist immer die Wahrheit. Irgendwann kommt sie wohl zurück ans Licht. Time will tell. Time will reveal.

Kann dein Graffiti noch im Original besichtigt werden?

Jemand fühlte sich genötigt, es zu zerstören. Aus „Angst“, wie mir zu Ohren kam. Bedauerlich. Aber wir leben ja im Zeitalter technischer Reproduzierbarkeit.

Wird es weitere Arbeiten von dir zu diesem Thema geben und wenn ja, warum?

Die Optionen liegen auf dem Tischlein. Deck dich, duck dich. Ach ja: Es gab die Kritik, Herr Lauterbach trage gar keine Fliege und ich habe sie trotzdem gezeigt. Nun, ich habe sie ihm halt zurückgegeben. Return of the fly. 


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