„Schlimmer als Nazi-Deutschland“

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Der aktuell erfolgreichste Sachbuch Autor der Welt, Yuval Noah Harari, steht mit seiner Analyse nicht allein. Auch Edward Snowden warnte bereits eindrücklich davor, dass wir momentan die Errichtung einer „Architektur der totalen Überwachung“ erleben. In einem aktuellen Interview sprach Harari nun ausdrücklich von seinen schlimmsten Befürchtungen – einer totalen, Welt-umspannenden Diktatur, „schlimmer als Nazi Deutschland“.

„Die Menschheit verständigt sich jetzt darauf, einen Großteil ihres Lebens online zu verbringen. Das hat Vorteile, birgt aber auch eine Gefahr: Im schlimmsten Fall werden sich die Menschen in 50 Jahren daran erinnern, dass im Jahr 2020 mithilfe der Digitalisierung die allgegenwärtige Überwachung durch den Staat begann.“

Yuval Noah Harari
Yuval Noah Harari

Niemand bezweifelt es: unsere Welt verändert sich schnell, die Bereiche Biogenetik, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und BigData entwickeln sich mit rasanter Geschwindigkeit und transformieren unsere Gesellschaft, aber wohin eigentlich? Die Macht ist geschichtlich betrachtet stets auf Seiten derer, die die aktuellen Spitzentechnologie beherrschen. Aktuell ist zu beobachten, wie das totalitäre China zum Vorbild wird, da die dortigen Verhältnisse der Spitzentechnologie ein optimaler Nährboden sind. Zwar dürften die Amerikaner immer noch einen gewissen Vorsprung haben, was beispielsweise KI Forschung angeht, jedoch holen die Chinesen rasant auf und die Stimmen werden lauter, die eine Orientierung an China preisen. Es ist wie immer: die mächtigen Wirtschaftsgruppen sind es, die den Lauf der Dinge maßgeblich (politisch) beeinflussen. Doch entgegen der verbreiteten und naiven Annahme, sie stellten nur einen Einfluss von vielen dar und würden immer wieder von Bürgerbewegungen, Gerichten, Parteien, Verbänden und NGOs gebremst und in ihrem Einfluss relativiert, wächst ihr Einfluss im Verdeckten derart, dass unsere europäischen Demokratien bereits jetzt massiv beschädigt werden, wie man an der Segregationspolitik in Zeiten von Corona unschwer erkennen kann. PR und verdeckter Lobbyismus drücken die Agenden mächtiger Spieler in die Politik, unverblümt versucht man die Gesellschaft durch die vorgeschobene Krise ins digitale zu transformieren, die Bereitschaft der Menschen für Tracing Apps zu erweitern usw. Wenn wir die Zeichen der Zeit (Zensur, Diskriminierung, Denunziation etc) jetzt nicht erkennen, geraten wir zunehmend in eine totalitäre Realität.

Demokratie, begriffen als Herrschaft des Volkes für das Volk und durch das Volk, ist ein unmittelbar überzeugendes Prinzip für Staatlichkeit. Es verbürgt Anerkennung für und durch alle, es gilt die gleiche Achtung aller vor allen. Diese Gleichheit muss aber in ein Verhältnis zur Ungleichheit gesetzt werden, die aus dem Recht auf Individualität folgt und Differenzen und Vielfalt ergibt. Diese Spannung muss ausgehalten und balanciert werden.

die Sozialwissenschaftlerin Sibylle Reinhardt

Die Sozialwissenschaftlerin Sibylle Reinhardt deutet es an: wenn eine Gesellschaft es nicht mehr aushält, Andersdenkende in ihrer Mitte zu dulden, sondern auf diese los geht, ist Gefahr im Verzug. Genau das ist augenblicklich der Fall. Wir erleben also die gesellschaftlichen Anzeichen, die ohne Zweifel für eine veränderte Lebensrealität steht, eine Lebensrealität, in der Menschen wieder abgewertet und segregiert werden. Zu dieser Ebene kommt dann noch die Ebene der sich verändernen Technologie – Überwachungstechnologie, Drohnen, Biogenetik schicken sich an, unsere analoge Welt komplett aus den Angeln zu heben – aber wollen wir das? Möchten wir in einer Welt Leben, in der uns die Machtzentren ständig eine Krise vermitteln und sich selbst als Retter inszenieren, indem sie mit Impfungen und Überwachungen vorgeben die angeblichen Probleme zu lösen?

Harari führt zu den neuen Möglichkeiten der Totalüberwachung aus:

Wir sind heute in der Lage, die perfekte Diktatur zu errichten. Es wäre ein autoritäres Regime, wie es dieser Planet noch nicht gesehen hat. Eine Diktatur, die schlimmer wäre als Nazideutschland oder die Sowjetunion unter Josef Stalin, ist heute denkbar. Im 20. Jahrhundert war jedes totalitäre Regime noch durch eine grundlegende technologische Grenze eingeschränkt. Pro Kopf gerechnet verfügte wahrscheinlich kein Geheimdienst über mehr Mitarbeiter zur Überwachung der Bevölkerung als die ostdeutsche Staatssicherheit. Aber selbst die Stasi hatte nicht genug Personal, um jeden DDR-Bürger rund um die Uhr überwachen zu können. (…) Die neuen Technologien des 21. Jahrhunderts machen das nun möglich. Man braucht keinen Spion mehr auf der Straße, der die Menschen überwacht. Stattdessen gibt es Kameras, Mikrofone oder Sensoren. Die Auswertung der Datenmengen kann eine Künstliche Intelligenz übernehmen, die sogar berechnen kann, wie sich ein Überwachter in Zukunft wahrscheinlich verhalten wird. Zum ersten Mal in der Geschichte ist totale Überwachung möglich. Man kann mehr über die Menschen erfahren, als sie selbst über sich wissen. Das ist die eigentliche Gefahr, die die aktuelle Krise mit sich bringt: Dass die digitale Überwachungstechnologie durch die Gesundheitskrise weltweit legitimiert wird – auch in demokratischen Gesellschaften, die sich zuvor der Überwachung widersetzt haben.

Yuval Noah Harari

Harari spricht weiterhin davon, dass der Erfolg China’s der bereits laufenden Totalüberwachung Nachahmer finden wird. Die Datenschutzbestimmungen hält er nicht für unumstößlich. Es käme auf das Ausmaß der Krise an. „Im Spannungsfeld zwischen Gesundheit und Privatsphäre werden die Menschen fast immer bereit sein, letztere zu opfern.“ – so seine Analyse. Er trifft damit den Nagel auf den Kopf – auch bei den Anti-Massnahmen Demos 2020 war einer der weitverbreitetsten Claims: Wer Freiheit gibt für Sicherheit, verliert am Ende alle zwei.

Hier gehts zum gesamten Interview.


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