Home, sweet home..

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Ich bin zurück in Berlin. Nach 10 Wochen Asien, davon 3 in Nepal und 7 in Thailand, bin ich zurück in der „arm aber sexy“ Hauptstadt des besten Deutschland aller Zeiten. Arm ja, sexy… naja, nicht so wirklich, viel übrig von dieser „Sexyness“ ist da eigentlich nicht mehr, aber Schwamm drüber! Immerhin ist die Stadt der Hundehaufen und Ratten seit 2006 mein zu Hause, wer wird da also meckern?! Damals, vor ca 18 Jahren, war das hier allerdings noch ne ganz andere Liga, wobei ich zugebe, ich hab mich damals eher für Parties interessiert und weniger für Politik..

Mein Freund Uwe holt mich in seinem Polo vom Flughafen ab und wir schaffen es sogar, der BER-Parkfalle zu entkommen, die mit günstigen 5 Euro pro 15 Minuten gern mal in Deine Fresse schlägt, falls Du länger als 10 Minuten dort stehst. Meiner Wohnung und meinem Kater gehts gut und der Kirschbaum im Garten hat weiße Blüten – die Sonne scheint dazu bei blauem Himmel und meine Landung ist ausgesprochen weich. Das beste sind die Tage, die ich mit meinem Sohn verbringe, der mich bei unserer Umarmung so innig anschaut und festhält, dass er mich dabei tief berührt.

So richtig spür ich dann, dass ich wieder „hier“ bin, inna Schlange anna Kasse bei Aldi. Die Bild titelt irgendwas von 12jährigen Mädchen, die ein anderes 12 jähriges Mädchen aufgeschlitzt hätten und fragt, was is nur mit unseren Kindern los?.. Tja, ich hätte da vielleicht so ne Ahnung, aber, das würde jetzt hier den Rahmen sprengen.. Jedenfalls ist es schon beeindruckend, wie hier die negativen Erzählungen/Energien systematisch jedem, der hier vorbei kommt, in den Kappe gepresst werden. Die Kassiererin ist – dazu passend – so drauf wie immer, nämlich übelst mies. Sie flucht gut hörbar vor sich hin und schimpft in sich hinein, nicht ohne ihren Frust damit auch auf alle Menschen zu übertragen, die Zeuge sind. Eigentlich wäre das nicht der Rede wert, denn das ist natürlich normal hier und es fällt auch niemandem mehr auf. Mir fällt es allerdings auf, da ich derartiges nun seit 10 Wochen nicht mehr erlebt habe. Weder eine derart grantigen Menschen in der Öffentlichkeit, noch so ein betroffenes, unangenehmes Schweigen, es ist wohl die Ohnmacht, diesem Suhlen in Scheisse nichts Lebensbejahendes, Freundliches entgegen setzen zu können. Es kommt mir, um ehrlich zu sein, ziemlich krank vor.

Egal, ich überlebe das schon, ich hab gute Energie getankt, da lass ich mich doch so ein paar heavy energies nicht runterziehen. Ich starre auf das Sonnenblumenöl und freue mich natürlich, endlich wieder in Deutschland zu sein, da das Pflanzenöl hier nur knapp 3 Euro kostet, davon konnte ich in Bangkok zweimal essen gehen. Dann schreit ein Kind wie am Spieß. Ich frage mich, ob es diesen Ausdruck auch auf thailändisch gibt, und stelle mir vor, in einem SevenEleven zu stehen und ein Thaikind wie am Spieß schreien zu hören. Es gelingt mir nicht – offenbar auch so ein deutsches oder westliches Phänomen, muss wohl mit der Erziehung hier zusammen hängen, ach nein, das macht man hier ja inzwischen nicht mehr.

Als ich nach meinem überraschend teuren Einkauf vor den Laden trete, stehen dort Polizistinnen und Polizisten mit Schuss-sicheren Westen, es geht anscheinend um die schwierige Frage, ob sie jetzt den Obdachlosen, der da sitzt, in Frieden in seiner Kacke sitzen lassen oder ihn aus irgendwelchen Gründen, auf die man vermutlich nur kommen kann, wenn man „Ordnungshüter“ in einem durch und durch entmenschlichten System ist, ihn per Psych-KG einweisen lassen, damit er 2 Tage später wieder an der gleichen Stelle sitzt, der Steuerzahler aber wieder 2000Eur für den Scherz berappen muss. Bemerkenswert! Seit ich wieder in Berlin bin sehe ich mehrmals am Tag Polizei, ja ich sehe verdammt viel Polizei und höre ihre Sirenen – auch ein Phänomen, von dem ich nun 10 Wochen Gelegenheit hatte, mich zu erholen.

Berlin is überhaupt nich mehr krass!

hipper junger Typ auf der Weserstrasse

Am Abend. Ich sitze in der Weserstrasse und freu mich über einen neuen Griechen, der da aufgemacht hat und Gyros Pita verkauft. Die ist zwar klein und teuer, aber daran hat man sich in dieser Stadt auch längst gewöhnt. Günstig ist hier vielleicht noch die Knolle fürs Falschparken – im Vergleich zu den USA, haha. Ein Schwarzafrikaner mit riesigen Tüten am Lenker, voller Flaschenpfand, taumelt fahrradfahrenderweise über den Bürgersteig. Dabei lacht er erst apathisch, um kurz danach motherfucker! und einige unverständliche Wortfetzen auszuspucken. Ich muss über dieses bezeichnende Bild schmunzeln und mein Blick trifft dabei einen jungen Mann, der an mir vorbei läuft, in die gleiche Richtung wie der betrunkene Radfahrer. Der fährt ein bisschen krass, sagt er. Berlin ist ja auch krass, sage ich, er darauf: Berlin ist überhaupt nicht mehr krass. Tja, er hat’s offenbar begriffen, trotz seiner jungen Jahre, denke ich. Nur schnallt er nicht, dass Berlin immer noch krass ist, sogar viel krasser als ever, bloss im Sinne der Prekarität, die der Typ aufm Rad einmal mehr par exzellence verkörpert. Während ich hier in der Weserstraße sitze und auf meinem Handy diesen Text schreibe, sprechen mich ungelogen alle drei Minuten Schnorrer an, einige von ihnen wirken frisch und aufgeräumt, andere wie komplett ausgezehrte Zombies, die an der Härte dieser erbarmungslosen Gesellschaft zerschellten und bereits auf dem Weg in ihre komplette Zersetzung sind. Und weil das einfach eine so derbe, himmelschreiende Schieflage hier ist, kriegen alle von mir ne klare Ansage, nö, heute nich, ich gebe ja gern und auch häufig, aber gerade widert mich das einfach nur an, diese Heftigkeit hier, die von den Menschen hier tagtäglich verdrängt wird, weil man ja sonst ziemlich wütend und traurig sein müsste..

Hier vorne die Zelte der Obdachlosen, da hinten am Bouleplatz die hippen internationalen Hipster, ein bisschen Frühlingssonne, 2 Flaschen Sekt auf (die? den? das?) Ex, wenn dann noch einer Geburtstag hat, dann muss es aber schon ein bisschen schlechtes Koks sein, wir sind frei, wir sind in Berlin, Weltuntergangsstimmung a la 1920er Jahre, wir leben noch ein bisschen Glamour, aber dann schreit wieder einer dieser Gestörten, der Abgehängten, der hatte zuviel, den kenn ich doch, mit dem hab ich doch noch vor Jahren im Club gefeiert, jetzt ist er alle, Matsche inna Birne, er rennt durch die hippe Meute und zuckt und schreit und stinkt, seine Füße schwarz und sein Blick aus der Hölle, alle schauen betroffen weg, die Party muss kurz warten, dann ist er wieder weg, man hört seine wütenden Schreie nur noch aus der Ferne. Die flotten Bienen lachen wieder unter ihrer falschen Schminke, weil hier in Berlin, die Welt einfach noch in Ordnung ist.

Jugendliche Araber-Kids, die sich gegenseitig so nette Sachen zurufen wie Ich ficke Deine Mutter! und sich dann ein bisschen auf dem Gehweg boxen und anspucken, runden meinen Gesamteindruck ab, ich freue mich, wieder hier zu sein. Moin moin.

bei diesem Video hab ich übrigens Kamera und Schnitt gemacht, für Immo damals , waren gute Zeiten auf der Oranienstrasse 🙂

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