Text #schrei

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Es ist bedrückend.

Fast jedes mal, wenn ich raus gehe in letzter Zeit, empfinde ich die Stadt als bedrückend. Oder die Menschen? Oder das, was sich meiner Wahrnehmung aufdrängt.

Ich sehe Parallelwelten, die deutlicher hervortreten und sich intensiver gegeneinander abgrenzen, als zuvor. Zalandogirls and boys hier, dahinten Zeltreihen Obdachloser.

Woke Impfpflaster auf durchgestylten Modepuppen hier, dahinten Thomas, der eine Obdachlosenzeitung verkauft und mir davon berichtet, dass seine Eiterzysten auf dem Rücken Probleme machen und der auch sagt, die Menschen seien verschlossener geworden. Die Ellbogen würden mehr ausgefahren, die Menschen hätten verlernt, was Rücksichtnahme bedeutet.

Dort liegt wieder eine Maske auf dem Boden.

Und dann schreit wieder irgendwo eine verlorene Seele.

Seit 2020 schreien sie deutlich lauter und öfter. Die Menschen, die sich durch schreien Luft machen müssen, weil sie es nicht aushalten würden sonst.

Sicher, es ist etwas Wunderbares, dass wir schreien können. Aber wie steht es um die Gesellschaft, deren Schreie nur noch die der einzelnen, ungehörten, Namenlosen sind? Ach, wieder so ein Verrückter.

Wenn die Schreie nur noch im Hintergrund verhallen, während wir Anstossen mit Aperol-Spritz, der neue Tacoladen ist fancy. Wie steht es um Deine Aktien?

Thomas wünscht mir viel Glück und ich bemerke: es kommt von Herzen. Thomas ist ein Gesicht für die vielen Gesichtslosen, die nur in der Statistik auftauchen. Dabei sind es Menschen. Schicksale. Geschichten von, ja von was eigentlich?

Das passiert halt so. Ungerechtigkeit, Willkür, durch das Raster fallen. Wir haben einen Rechtsstaat, hey na.

Ich habe heute über mein Verhältnis zum Rechtsstaat nachdenken müssen. Ich hab ja schon oft gesagt, „gut, dass wir den Rechtsstaat haben ey“, das sagt man doch als guter Demokrat, nicht wahr?

All hail to the Rechtsstaat? Bitte nicht.

heres some fresh hope for you

Er wird mir langsam Ungeheuer, dieser Rechtsstaat. Vielleicht ist er ja der Wolf im Schafspelz. Ein trojanisches Pferd ist er defacto, sobald schlaue Füchse ihn als Vehikel ihrer Agenda erkennen und von innen heraus zu transformieren trachten. Das geht nicht? Lulz. Off topic? #newnormal

Die fünf Jahre als Schöffenrichter konnten mich jedenfalls nicht überzeugen, dass da irgendwas besser gemacht wird auf Dauer. Menschen verurteilen Menschen. Soweit, so schlecht.

Dass wir ihn brauchen würden, hört man allenthalben.

„Wir brauchen doch Polizisten, Ordnungshüter, sonst würde doch Barbarei ausbrechen, stupid..“

Was zu beweisen wäre, motherfucker.

Warum liegt, äh hängt, hier Hoffnung?

Ich möchte an den Menschen glauben und daran, dass er gut ist. Ich glaube tatsächlich daran. Aber wie soll er es beweisen, solange er sich selbst an die Kette legt? Wir erzählen uns eine Geschichte über uns, die nicht wahr ist. „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“

Can we stop this, please?

Wenn wir nicht rauskommen aus der negativen Erzählung, aus der Schuldgefühlefalle, dann brauchen wir neue Ablassbriefe, um uns im Spiegel zu ertragen. Und die, die diese Ablassbriefe verscherbeln, reiben sich mal wieder die Hände.

Klimaschutz ist gut, bin dafür. Aber deshalb eine radikal neue Gesellschaft? Radikalität wird gerade sukszessiv wieder salonfähig gemacht – lustige Truppe oder Demokratie Gefährder?

Danke Thomas, ich wünsche Dir auch viel Glück. Und all den Schreienden da draussen: verdammt, ihr macht mir das Leben dieser Tage ab und an schwer, aber ich schreie mit Euch. Danke, dass ihr mich daran erinnert, dass es Euch gibt.

Thomas: „Die Mundwinkel der Menschen hängen immer öfter nach unten.“
Lost in translation – „Systemwandel“ mit Siemens und Bayer als Haupt-Sponsoren, hellyeah.

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