Ich kann all jenen, die momentan wieder die Angst vor Rechts in den Vordergrund stellen, nur empfehlen, sich wissenschaftlich mit der Thematik zu befassen. Es ist seit Jahrzehnten bekannt, dass Benachteiligung und Frustration die Haupttriebfeder für das Verbreiten von rechtem Gedankengut darstellen. Die Politik könnte längst mit sozialen Reformen gegensteuern – tut sie aber nicht. Im Gegenteil, die „Gefahr vor rechts“ gehört mit zu dem perfiden Spiel: man braucht diese Gefahr, um wie im Falle der Querdenker Demos, Bewegungen bzw deren öffentliche Wahrnehmung gezielt beschädigen zu können. Jeder sieht, dass die Besitzverhältnisse ein Grund sein dürften, warum Menschen frustriert sind. 50% besitzen 1%, 1% besitzen 80% – wenn diese Tendenz weiter läuft, und danach sieht es aus, ist es völlig klar, dass es brodelt.
Trotzdem gibt es laut Verfassungsschutz gerade mal knapp 900 rechtsextreme Reichsbürger in diesem Land. Für mich zeigt das eher, wie wenig Zulauf diese Gruppe hat und wie wenig das mit der medialen Panikmache zusammen geht.
Was begünstigt Rechtsextremismus?
Deprivationstheorie
Ein wichtiger Ansatz, der sich mit der Entstehung rechtsextremer Orientierungen und Fremdenfeindlichkeit befasst, spiegelt sich in den Deprivationstheorien wider. Ausgangspunkt dieser Theorien ist, dass der gegenwärtige gesellschaftliche und soziale Wandel Einfluss auf das gesellschaftliche Zusammenleben habe Deprivation bedeutet wortwörtlich übersetzt „Beraubung“. In der Soziologie bezeichnet Deprivation somit die Unterversorgung bestimmter Individuen oder Gruppen einer Gesellschaft mit lebenswichtigen oder für unbedingt notwendig gehaltenen Gütern, so dass das soziale Existenzminimum unterschritten wird (Fuchs-Heritz/Lautmann 1994, S. 134). Bei der Deprivation handelt es sich um eine Situation, die Frustration hervorruft, welche wiederum rechtsextremistische Orientierungen begünstigen. Gerade Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen werden hier durch vermehrt hervorgerufen. Die These lautet, dass die prekäre soziale Lage vieler Menschen zur Abwertung anderer Gruppen führt, weil eigene Benachteiligungsgefühle (relative Deprivation) dadurch kompensiert werden sollen (Wolf/Schlüter/Schmidt 2005, S. 64). Deprivation bezeichnet somit allgemein den Zustand der Entbehrung oder des Entzugs. Wahrgenommene Benachteiligung führt zur Identifizierung Schuldiger an der momentanen Situation und führt zur Gegenwehr gegenüber den vermuteten Verursachern (Fuchs/Lamnek/Wiederer 2003, S. 39). Die Deprivationstheorie versucht nachzuweisen, dass fremdenfeindliche Einstellungen und Gefühle der Benachteiligung im Zusammenhang stehen.
Aus: Diana Marczinzik: Erklärungsansätze für rechtsextremistische Straftaten, in: Heribert Ostendorf (Hrsg.) Rechtsextremismus. Eine Herausforderung für Strafrecht und Justiz. Baden-Baden: Nomos 2009. S. 35-49
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