Die Veröffentlichung der US-National Security Strategy (NSS) am 4. Dezember 2025 unter der Trump-Administration hat zu einer intensiven transatlantischen Debatte geführt. Das Dokument, das die außenpolitischen Prioritäten der USA umreißt, enthält ungewöhnlich scharfe Kritik an Europa, insbesondere hinsichtlich eines vermeintlichen Rückgangs demokratischer Standards und gesellschaftlicher Stabilität. Deutsche Politiker wie Bundeskanzler Friedrich Merz haben diese Vorwürfe in Medien wie der WELT zurückgewiesen und Teile der Strategie als „unannehmbar“ bezeichnet. Hier nun werden die zentralen Kritikpunkte der USA aufgelistet und untersucht, warum europäische Führer wie Merz möglicherweise widerstrebend auf diese Hinweise reagieren.
Wichtigste Kritikpunkte der USA aus dem NSS Paper 2025
Das NSS Papier 2025 markiert einen Paradigmenwechsel in der US-Außenpolitik, mit einem Fokus auf „America First“ und einer reduzierten Verpflichtung gegenüber traditionellen Allianzen. Bezüglich Europa betont das Dokument einen „Verfall“ (civilisational erasure), der durch innere Schwächen bedingt sei, und fordert die Europäer auf, mehr Verantwortung für ihre eigene Sicherheit zu übernehmen. Die Kritik ist nicht nur geopolitisch, sondern greift auch demokratische und gesellschaftliche Strukturen an. Hier die zentralen Punkte:
- Zensur und Unterdrückung freier Meinungsäußerung: Das NSS Paper wirft Europa vor, die freie Meinungsäußerung durch Regulierungen wie den Digital Services Act einzuschränken, was als „Zensur“ interpretiert wird. Dies betreffe insbesondere die Unterdrückung politischer Opposition, etwa populistischer oder rechter Gruppen. Beispiele sind nationale Maßnahmen in Ländern wie Deutschland oder Frankreich, die als Einschränkung offener Debatten gesehen werden.
- Auswirkungen der Migrationspolitik und demografischer Veränderungen: Ein Kernvorwurf ist, dass Europa durch hohe Einwanderung, sinkende Geburtenraten und Integrationsprobleme geschwächt werde. Dies führe zu sozialem Zerfall, steigender Kriminalität und einer „Verlust nationaler Identitäten“. Das NSS Papier sieht darin eine Bedrohung für die gesellschaftliche Kohäsion und langfristig für demokratische Stabilität.
- Demokratisches Defizit in EU-Strukturen: Die USA kritisieren die undemokratische Natur der EU, darunter die mangelnde direkte Wählbarkeit der Kommission und eine Konzentration von Macht bei Eliten. Dies ignoriere den Willen der Bürger, etwa bei Themen wie Fiskalpolitik oder Migration, und fördere Misstrauen in Institutionen.
- Wirtschaftliche und sicherheitspolitische Abhängigkeit: Europa werde als wirtschaftlich schwach dargestellt, mit hohen Schulden, Energieabhängigkeiten und Korruption in der Fondsverteilung. Das NSS Papier fordert, dass Europa seine Verteidigung selbst finanziere und nicht mehr auf US-Unterstützung setze, da dies die USA überfordere.
- Aufstieg autoritärer Tendenzen: Die Strategie hebt illiberale Entwicklungen in Ländern wie Ungarn oder Polen hervor, wo Justiz und Medien unter Druck stehen. Dies werde durch EU-weite Polarisierung verstärkt, was die Demokratie insgesamt untergrabe.
Diese Punkte basieren auf einer Sichtweise, die Europa als „unzuverlässigen Partner“ darstellt und eine Neuausrichtung der US-Politik ankündigt.
Warum Europäer die Kritik ablehnen: Mögliche Gründe für die Widerstände
Trotz dieser in weiten Teilen nachvollziehbaren Vorwürfe reagieren europäische Führer wie Merz ablehnend. Merz betonte, Europa brauche keine US-„Rettung“ der Demokratie und forderte stattdessen mehr europäische Autonomie, während er Teile der NSS als „ideologiegetrieben“ kritisierte. Diese Haltung könnte auf mehreren Gründen beruhen:
- Nationaler und kontinentaler Stolz: Europa sieht sich als Vorreiter in Bereichen wie Pressefreiheit, Sozialsystemen und Menschenrechten. Statistiken zeigen niedrigere Mordraten und höhere Pressfreiheitsrankings in Europa im Vergleich zu den USA, was die US-Kritik als übertrieben oder hypocritisch wirken lässt. Merz‘ Aussage, Europa könne seine Demokratie selbst „retten“, unterstreicht diesen Stolz.
- Unterschiedliche Werte und Prioritäten: Die NSS reflektiert eine konservative US-Perspektive, die Einwanderung und kulturelle Veränderungen als Bedrohung sieht, während Europa multilaterale Ansätze und Integration betont. Diese Divergenz führt zu einer Wahrnehmung der Kritik als ideologisch motiviert, nicht faktenbasiert.
- Interne politische Dynamiken: In Europa könnten Zugeständnisse an US-Kritik oppositionelle Kräfte stärken und damit die Regierungskoalitionen destabilisieren. Merz‘ Forderung nach mehr Unabhängigkeit dient auch der inneren Konsolidierung, insbesondere vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Herausforderungen.
- Historische Abhängigkeit und Angst vor Eskalation: Jahrzehntelange US-Unterstützung (z.B. via NATO) hat eine Komfortzone geschaffen. Die Ablehnung könnte aus Furcht vor einer Verschlechterung der Beziehungen resultieren, während gleichzeitig Autonomie angestrebt wird.
Zusammenfassend bieten die angesprochenen Kritikpunkte der NSS eine richtige und nachvollziehbare Perspektive auf reale Herausforderungen wie Polarisierung und wirtschaftliche Schwächen. Es wäre an der Zeit, die Erfolge der Opposition, wie die der AfD in Deutschland – die in jüngsten Wahlen Zuwächse verzeichnet hat und Unzufriedenheit mit etablierten Politiken widerspiegelt –, in diesem Kontext zu betrachten. Die Kritik der Amerikaner ist substantiell richtig und könnte helfen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen und notwendige Reformen einzuleiten.
Oder, wie Salim Samatou es sagen würde:
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