Wollen

Sharing is caring:

Ich habe mich jahrelang gefragt: was ist das Geheimnis hinter Motivation? Inzwischen ist der Begriff der Motivation für mich zweitrangig. Ich glaube, dass uns das Wollen am Ende weniger zu uns bringt, als das Nicht-Wollen.

Wenn Menschen zur Konsole, zu Drogen oder zu anderen Ablenkungen greifen, scheint relativ klar zu sein, dass diese Handlungen nicht aus Bewusstheit entspringen, sondern aus „Craving„. Lebensumstände können für Individuuen derartig widrig empfunden werden, dass ein „Release“ notwendig scheint. Wir alle kennen das: für einen ist es ein guter Rotwein, für den anderen das neueste Game, Netflix oder eine schicke Handtasche . Ersatzbefriedigungen sind in unserer Gesellschaft keine Mangelware. Der Junkie „will“ einen Schuss, der Typ dahinten „will“ Sex, die Dame da vorn „braucht“ Aufmerksamkeit – die meisten Menschen erleben ihr Leben als einen Zustand, in dem irgendetwas herbei gesehnt wird. Ein Zustand des Mangels wird beschrieben, ein Zustand, der noch nicht ganz perfekt ist, es fehlt noch das gewisse etwas. Das war gestern so, ist jetzt so und wird auch morgen so sein – wenn wir nicht etwas Grundlegendes an dieser Perzeption unseres Zustandes verändern.

Sind wir zum Wollen verdammt, oder können wir uns bewusst dazu entscheiden, nichts zu wollen? Klar – wir wollen nicht verhungern und die meisten Menschen von uns wollen nicht auf der Strasse leben, das heisst wir wollen erstmal eine gewisse Sicherheit. Aber wenn diese Sicherheit gegeben ist, könnten wir doch eigentlich sehr bescheiden leben und nichts Weiteres mehr wollen, oder? Genauso ist es. Theoretisch. Denn unser Ego schläft nicht. Ständig versuchen wir, unsere Situation zu verbessern, unsere Aussichten zu optmieren auf mehr Geld, mehr Sex, mehr Status. Aber dieses Streben ist zutiefst krankhaft und führt niemals zu mehr echtem Glück – das Gegenteil ist der Fall. Wenn wir ganz ehrlich sind zu uns selbst, sehnen wir uns vor allem nach Liebe. Erst wenn wir das innerlich spüren, anstatt auf die egobasierten Glaubenssätze zurückzugreifen („ich brauche diesen Job/ dieses Auto/ dieses Erlebnis..“) können wir beginnen, uns zu verändern.

Ich glaube, dass wir fast alle zunächst (damit meine ich den Großteil junger Menschen aus dem westlichen, Konsum-getriebenen Kulturkreis) mehr oder weniger „an der Nadel“ hängen. Wenn wir aber ruhig werden, wenn wir unser Craving erkennen, auf seinen Grund schauen und den Dämon, der dort sitzt nicht länger verleugnen, können wir aus der Unbewusstheit ausbrechen. Wir werden entdecken, dass unser verletztes Kind (auch so kannst Du den Dämon nennen) sich nach Liebe sehnt und wir werden verstehen, dass es diese Liebe nicht bekommen wird, solange wir weiterhin unsere Ersatzbefriedigungen erhaschen, wir also weiterhin von negativem Wollen getrieben werden, also von jenem Wollen, das uns nur ablenken soll von unserem verdrängten Schmerz.

Was wir stattdessen tun können, ist ruhig werden, zu uns kommen und dem Schmerz begegnen, der da ist. Wir können lernen, uns selbst die Liebe zu schenken, nach der wir uns so sehr gesehnt haben. Wir können liebevoll auf uns und unsere Verletzung schauen, also den Dämon füttern, wie Tsültrim Allione in ihrem Buch „Den Dämonen Nahrung geben“ es beschreibt.

Was passieren wird, ist Zweierlei: zum einen beginnen wir, unser unbewusstes, durch Craving verursachtes Wollen zu durchschauen. Das heißt wir können bewusstere Verhaltensweisen entwickeln und besser auf uns Acht geben. Zum anderen werden wir sehen, dass schon alles da ist. Wir werden durch Meditation (das einfache Sein im Moment ohne Wollen) nach und nach verinnerlichen, dass die Vorstellung, dass es in der Zukunft Erlösung geben wird eine Illusion ist. Es gibt nur einen anhaltenden Zustand, in dem alles schon vorhanden ist. Diesem Zustand ist es egal, was für Emotionen Du gerade hast. Und Du kannst – wenn Du Dein Wollen ablegst – ein Teil dieses Zustandes werden, eins werden mit dem Augenblick und Deinem wahren Sein.

Wanting

I’ve been asking myself for years: what’s the secret behind motivation? Meanwhile, the concept of motivation is secondary to me. I believe that in the end, wanting brings less to us than not-wanting. When people resort to consoles, drugs, or other distractions, it seems relatively clear that these actions do not spring from awareness, but from „craving.“ Living conditions can be so adverse for individuals that a „release“ seems necessary. We all know that: for one it is a good red wine, for the other the latest game, Netflix or a fancy handbag. Replacement satisfactions are not in short supply in our society. The junkie „wants“ a shot, the guy over there „wants“ sex, the lady in front „needs“ attention – most people experience their lives as a state in which something is longed for. A condition of deficiency is described, a condition that is not quite perfect yet, that certain something is missing. That’s how it was yesterday, it’s the way it is now, and it’s going to be that way tomorrow – unless we change something fundamental about that perception of our condition.

Are we damned to want, or can we consciously choose not to want anything? Of course – we do not want to starve to death and most of us do not want to live on the street, that means we want some security first. But if this security is given, we could actually live very modestly and want nothing more, right? It is exactly like that. Theoretically. Because our ego is not sleeping. We are constantly trying to improve our situation, to optimize our prospects for more money, more sex, more status. But this quest is deeply pathological and never leads to more real happiness – the opposite is the case. When we are completely honest with ourselves, we long for love. Only when we feel this inwardly instead of resorting to the ego-based beliefs („I need this job / this car / this experience ..“) can we begin to change. I think that almost all of us at first (meaning the majority of young people from the western, consumer-driven culture) are more or less „on the hook“. But when we become calm, when we recognize our craving, look at its bottom, and no longer deny the demon sitting there, we can break out of unconsciousness. We will discover that our injured child (also this is what you call the demon) longs for love and we will understand that it will not get that love as long as we continue to catch our substitute gratifications, so we continue to be driven by negative will, that is, from the will that only distracts us from our repressed pain.

What we can do instead is to become calm, to come to us and to meet the pain that is there. We can learn to give ourselves the love we so longed for. We can look lovingly at ourselves and our wounds, so feed the demon, as Tsultrim Allione describes in her book „Giving Food to Demons“. What will happen is twofold: on the one hand, we begin to see through our unconscious, craving-induced will. In other words, we can develop more conscious behaviors and take better care of ourselves. On the other hand, we will see that everything is already there. Through meditation (the simple being at the moment without wanting) we will gradually internalize that the idea that there will be salvation in the future is an illusion. There is only one lingering state in which everything already exists. This condition does not care what emotions you have right now. And you can – if you discard your will – become part of this state, become one with the moment and your true being.

{:}


Sharing is caring:

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert